Bildschirmmedien

Umgang mit Bildschirmmedien​

Update: Eine Fortsetzung des Themas findet sich bei uns im Blog:
Update Bildschirmmedien

Technologien wie Computer, Smartphones und Tablets haben heute umfassenden Einzug in unseren Alltag gehalten. Die Auswirkungen dessen werden zunehmend besser untersucht und verstanden. Ein kleiner Auszug aus aktuellen Studien soll hier einen Überblick geben.

Kognitive Folgen

Laut einer Studie aus dem Jahr 2015 mit 130.000 Schülern aus Großbritannien, lässt die schulische Leistungsfähigkeit von Schülern an Schulen, an denen Smartphones erlaubt sind, gegenüber Schulen mit einem Verbot von Smartphones, im Schnitt um 6,4% nach. Besonders groß war der Unterschied bei Schülern aus armen und prekären Verhältnissen. Hier liegt die Leistungsfähigkeit sogar um 14% niedriger.1

Epidemische Folgen

2010 ergab die Studie „Television and Video Games Exposure and the Development of Attention Problems“ der Iowa State University mit 1323 Schülern zwischen 6 und 12 Jahren, dass bereits 2 Stunden Bildschirmmedienkonsum täglich das Risiko für Aufmerksamkeitsprobleme um den Faktor 1.6 bis 2.1 erhöhen.2 Der Co-Autor der Studie, Dr. Dimitri Christakis, der sich seit vielen Jahren wissenschaftlich mit den Nebenwirkungen von Bildschirmmedien beschäftigt, sagt: „Die Realität ist die, dass wir heute 10 mal so viele ADHS Diagnosen sehen, als noch vor 20 Jahren […] Ich denke, das Problem ist, dass die schnelle Schnittfolge, egal ob Videospiel oder TV, zu einer Reizüberflutung führt, die die Aufmerksamkeitsprobleme fördert.3

Aktivitäten in sog. sozialen Netzwerken und Videospiele führen zu einer um 100% erhöhten Ausschüttung von Dopamin. Zum Vergleich: Kokain kann die Dopaminausschüttung auf 350% erhöhen. Je mehr Dopamin freigegeben wird, desto „aufgewühlter“ ist die betroffene Person und desto höher ist die Sucht entfaltende Wirkung.4 Insbesondere Kinder bis 12 Jahren, dessen Gehirn sich noch im Wachstum befindet, sind sehr anfällig für diese Auswirkungen.

Auch die vom Bundesministerium für Gesundheit durchgeführte „Blikk-Studie“ führt motorische Hyperaktivität, Konzentrationsschwäche und eine insgesamt erhöhte psychische Auffälligkeit als direkte Folge eines arglosen Konsumverhaltens digitaler Medien von Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen auf.5

Physische Folgen

Im Mai 2011 veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Studie, aus der hervorgeht, dass die elektromagnetischen Felder (kurz: EMF) von Smartphones Gehirntumore und Krebs auslösen. Darüber hinaus sind kognitive Fehlfunktionen die Folge.6 Bereits ein EMF ab 2 Milligauss (mG) schädigt organisches Gewebe. Irreversible Veränderungen der DNA sind möglich.7 Das TCO-Prüfsiegel der schwedischen Angestellten und Beamtengewerkschaft verwendet 2mG als Grenzwert, die IARC (International Agency for Research on Cancer) 4mG. Handelsübliche Smartphones, Tablets und Notebooks erreichen Werte von über 200mG und überschreiten somit die empfohlenen Grenzwerte um das 50- bis 100-fache.

Soziale Folgen

Aufgrund elektronischer Kommunikation lag bereits im Jahr 2000 der Anteil direkter zwischenmenschlicher Kommunikation 1/3 unterhalb des Niveaus von 1970.8 Wir gehen von einem weiteren Absinken des Anteils der direkten zwischenmenschlichen Kommunikation aus, da seit 2000 neue Technologien (Smartphone, Tablets) aufkamen und sich rasch verbreitet haben. Über die direkte Kommunikation bauen Menschen die Bindung zu ihren Mitmenschen auf. Weniger direkte Kommunikation führt zur Entfremdung, wie der Soziologe Werner Seppmann in einem Artikel des IT-Fachmagazins `heise online‘ richtig bemerkt: „Besonders negative Konsequenzen hat die mittlerweile zum Standard gewordene manische Nutzung der digitalen Handys, die ja mittlerweile zu Taschencomputern mutiert sind. Für viele ist der Smartphone-Gebrauch wichtiger als ein unmittelbarer Weltzugang und die personenbezogene Kommunikation geworden. An fast jedem Familientisch kann beispielsweise eine neue Form der Beziehungslosigkeit beobachtet werden, weil jeder auf das Smartphone-Display starrt und sein Gegenüber mit Missachtung straft. Alle Untersuchungen, die sich mit den sogenannten "Neuen Medien" beschäftigen, dokumentieren darüber hinaus eine Tendenz zur kommunikativen Oberflächlichkeit, die mit einer normativen Bedenkenlosigkeit korrespondiert[...]9

Unsere Schlussfolgerungen

Entgegen des Trends einer zunehmenden Digitalisierungen von Schulen im Sinne von sog. Notebook-Klassen, öffentlichem W-LAN und den allgegenwärtigen Smartphones entscheiden wir uns aus den oben ersichtlichen Gründen gezielt für eine bildschirmfreie Umgebung mit Ausnahme des zugangsbeschränkten EDV-Raums. Ein bewusster Umgang mit digitalen Geräten soll gelebt werden. Vorbild hierfür ist die „Waldorf School of the Peninsula“ im Silicon Valley.10 Ironischer Weise vertrauen insbesondere Eltern wie die IT-Firmengründer Bill Gates (Microsoft), Steve Jobs(Apple), Jeff Bezos(Amazon) und eine große Zahl weiterer IT-Magnaten auf diese „Tech-Free-School“.11 12 13

Das Benutzen und Mit-sich-führen von elektronischen Geräten mit hochauflösendem Display wie Smartphones, Tablets, Spielekonsolen u. Ä. ist auf dem gesamten Schulgelände für die Schüler und das Personal nicht gestattet. Es dürfen konventionelle, nicht internetfähige Handys ausgeschaltet oder im Flugmodus mit sich geführt werden. Die Schulleitung kann im Einzelfall zeitlich begrenzte Ausnahmen gewähren. In der Oberstufe darf EDV gestützter Unterricht gezielt eingesetzt werden, wenn die Schüler sich zuvor mit den negativen Auswirkungen vertraut gemacht haben und ihre Motivation für die Nutzung begründet dargelegt haben.

  • 1 Louis Phillippe Beland and Richard Murphy, “Ill Communication: Technology, Distraction and Student Performance,” Center for Economic Performance, London School of Economics, May 2015.

  • 2 Edward L. Swing, Douglas A. Gentile, Craig A. Anderson, and David A. Walsh, “Television and Video Game Exposure and the Development of Attention Problems,” Pediatrics, published online July 5, 2010.

  • 4 Glow Kids, CHAPTER THREE: DIGITAL DRUGS AND THE BRAIN ;THE DOPAMINE TICKLE, N. KARDARAS, PH.D.

  • 5 https://www.drogenbeauftragte.de/fileadmin/dateien-dba/Drogenbeauftragte/4_Presse/1_Pressemitteilungen/2017/2017_II_Quartal/Factsheet_BLIKK.pdf

  • 6 https://www.cnet.com/news/who-cell-phones-may-cause-cancer/

  • 7 Glow Kids, CHAPTER SIX: CLINICAL DISORDERS, NICHOLAS KARDARAS, PH.D.

  • 8 Sara Hammel, “Generation of Loners? Living Their Lives Online,” U.S. News & World Report, Nov. 29, 1999, p. 79.

  • 9 https://www.heise.de/tp/features/Der-Mann-der-vor-Computern-warnt-3855415.html?seite=all

  • 10 http://waldorfpeninsula.org/curriculum/media-technology-philosophy/

    • 11 https://www.theguardian.com/technology/2015/may/23/screen-time-v-play-time-what-tech-leaders-wont-let-their-own-kids-do

  • 13 https://www.independent.co.uk/life-style/gadgets-and-tech/bill-gates-and-steve-jobs-raised-their-kids-tech-free-and-it-shouldve-been-a-red-flag-a8017136.html


Lesetipp: Glow Kids


Das aus unserer Sicht bisher besste Buch zum Thema Bildschirmmedien und dessen Effekt auf die entwicklung von Kindern.

 Kardaras, Nicholas, Ph.D. | ISBN: 9781250097996